Rechtstipp November 2012 : Vergütungsanspruch für abgesagte Arzttermine

Vergütungsanspruch für abgesagte Arzttermine

Das Amtsgericht Bremen verneinte in seinem aktuellen Urteil vom 09.02.2012 (Az. 9 C 0566/11) einen Vergütungsanspruch des Arztes, wenn ein Patient lediglich ein Termin zur ärztlichen Behandlung kurzfristig absagt. Die Vereinbarung eines Arzttermins sei nicht mit dem Abschluss eines Behandlungsvertrages gleichzusetzen. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann ein Patient den mit einer Arztpraxis vereinbarten Termin jederzeit stornieren, ohne dass er dem (nicht) behandelnden Arzt eine Vergütung schuldet.

Wörtlich stellt das Gericht in seiner Urteilsbegründung fest: Schließlich wird die Annahme einer Vergütungspflicht bei Stornierung oder Nichtwahrnehmung reservierter Dienstleistungen anderer Art (Friseur, Theater, Kino, etc) – soweit ersichtlich – zu Recht nicht vertreten. Warum für Arzttermine etwas anderes geltend sollte, ist nicht ersichtlich. Terminabsprachen haben für sich genommen einen bloß organisatorischen und nicht rechtsverbindlichen Inhalt. Schließlich wollen sich Ärzte, die vereinbarte Termine nicht zeitgenau einhalten oder sogar nachträglich verlegen lassen, nicht schadensersatzpflichtig im Sinne des § 280 I BGB machen.“

Im Gegensatz zu diesem Fall sind festgelegte Pauschalbeträge für Ausfallzeiten durchaus bei sogenannten „Bestellpraxen“ als zulässig angesehen worden:

So hatte das Amtsgericht Fulda, Urteil vom 16.05.2002 (Az. 34 C 120/02) einen Anspruch auf Vergütung festgestellt, wenn im Anmeldeformular ein Hinweis gegeben wird, dass ein Bestellsystem vorliegt und die reservierten Termine in Rechnung gestellt werden können, wenn nicht mindestens 24 Stunden vorher eine Absage erfolgt. Ein solcher Hinweis wird vertraglicher Bestandteil und verstößt nicht gegen die §§ 305 ff BGB.

Das Amtsgericht Nettetal hat mit Urteil vom 12.09.2006 (Az. 17 C 71/03) eine Patientin verpflichtet, ihrem Zahnarzt Schadenersatz in Höhe von knapp 1.300 Euro zu zahlen, weil sie einen speziell für sie reservierten Termin für eine zweistündige Zahnersatz-Behandlung nicht eingehalten hatte. In einem vorab unterschriebenen Behandlungsvertrag war deutlich erläutert worden, dass die Praxis „nach dem Bestellsystem geführt wird“. Kann der Arzt nachweisen, dass er in dieser Zeit keinen anderen Patienten behandeln konnte, also eine Ausfallzeit hatte, kann er von dem Patienten die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur kostenfreien Nachleistung verpflichtet zu sein.

Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart, Urteil vom 17.04.2007 (Az. 1 U 154/06) hat ein Zahnarzt darzulegen, dass ihm durch die verspätete Absage ein Verdienstausfall entstanden ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn er bei einer rechtzeitigen Absage die Möglichkeit gehabt hätte, einen bestimmten anderen Patienten in der frei gewordenen Zeit zu behandeln.

Das Landgericht Berlin stellt mit Urteil vom 15.04.2005 (Az. 55 S 310/04) fest, dass eine Vereinbarung zur Zahlung eines Ausfallhonorars bei nicht rechtzeitiger Absage eines Behandlungstermins nur zulässig sei, wenn dem Patienten eine „Entlastungsmöglichkeit für unverschuldetes Nichterscheinen“ eingeräumt wird. Fehlt ein solcher Hinweis, so stellt die Vereinbarung eine unangemessene und einseitige Benachteiligung des Patienten dar und ist damit im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig.

Hinweis:

Es ist anzuraten, mit dem Patienten eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, dass eine bestimmte Zahlungsverpflichtung für den Fall des Ausbleibens zum vereinbarten Behandlungstermin besteht und wie lange vorher der Termin ohne Folgen vorher abgesagt werden kann. Auch sollte dem Patienten eine Entlastungsmöglichkeit für unverschuldetes Nichterscheinen eingeräumt werden.

Zu beachten ist weiterhin, dass aus der Verwendung einer derartigen Klausel eine Verbindlichkeit des Behandlungstermins resultiert, welche bei nicht fristgerechtem Einhalten des Termins, auch zulasten des Zahnarztes gehen kann.

 

 

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